Mit Prüfen, Rufen und Drücken zu kleinen Lebensrettern: Ein Schulprojekt in Harsewinkel

„Wie doll soll ich drücken?“

Die 11- bis 12-jährigen zukünftigen Lebensretterinnen und –retter haben einige Fragen: „Wie doll soll ich drücken?“ oder „Tue ich demjenigen weh?“. Diese Fragen und mehr rund um die Herz-Lungen-Wiederbelebung sollen am Ende des Projektes am Harsewinkler Gymnasium beantwortet sein. Schon die Kleinen sollen im Notfall verstehen, was ein Herzstillstand bedeutet und wie man richtig helfen kann. Denn bei über 50.000 Fällen jedes Jahr in Deutschland braucht es alle Hände, die helfen können. „Und viel mehr braucht es auch nicht, um darin erfolgreich zu sein!“, so Rico Dumcke von der Universität Bielefeld (Osthushenrich-Zentrum für Begabunsgforschung, Fakultät für Biologie).

Live-Feedback während einer Übungsstunde in der “Agora”, einer offenen Arbeitsfläche im Trakt des 6. Jahrgangs.

Das Projekt im 6. Jahrgang

Rico Dumcke und die Mitinitiatoren des Projektes „Leben retten macht Schule“, Prof. Dr. Dr. Niels Rahe-Meyer vom Franziskus Hospital und Prof. Dr. Claas Wegner von der Universität Bielefeld setzen sich in OWL für die Umsetzung flächendeckender Unterrichtseinheiten rund um das Herz und den Kreislaufstillstand ein.

„Immer mehr Studien und Erfahrungen aus Projekten zeigen, dass beispielsweise die Herzdruckmassage schon in einem sehr jungen Alter erlernt und Hemmungen am Besten vor der Pubertät abgebaut werden können, so Anästhesist und Notfallmediziner Rahe-Meyer. Und Rico Dumcke, Doktorand und Erste-Hilfe Ausbilder, ergänzt: „ Wir freuen uns daher, dass wir am Gymnasium Harsewinkel die Chance erhalten haben, schon früher als von der Kultusministerkonferenz empfohlen, im 6. Jahrgang, zwei Konzepte zu erproben.“

Unterstützung erhalten sie dabei von Isabelle Hanke, welche ihre Abschlussarbeit über die Auswertung des Projektes verfassen wird. Die Biologiestudentin ist auch Rettungssanitäterin und erklärt das Konzept: „Wir haben das Projekt so organisiert, dass zwei Klassen begleitend im Biologieunterricht etwas über das Thema erlernen. Wir haben es an das Inhaltsfeld „Kreislauf des Menschen“ angebunden. Drei weitere Klassen erhalten ein projektartiges Coaching. Das ist etwas kürzer im Umfang.“

„Die 6er sind immer sehr interessiert."

Im Vorfeld und im Anschluss an die Projekte absolvieren die Schülerinnen und Schüler einen Fragebogen und einen praktischen Test. „So wollen wir erheben, wie sich einerseits Wissen und Einstellungen über die Zeit, aber auch abhängig von der Unterrichtsart verhalten. Insbesondere in dem jungen Alter geht es da um Selbstsicherheit, Überforderung und auch Kraft“, berichtet Dumcke. Als Biologielehrerin und Erste Hilfe Ausbilderin am Gymnasium koordiniert Bettina Pötting das Projekt vor Ort. Sie unterrichtet selbst in einigen der Klassen und ist gespannt auf das Feedback: „Die 6er sind immer sehr interessiert und nehmen solche Themen oft sehr positiv auf. Ich kann mir vorstellen, dass eine der Varianten sich bewährt und freue mich über die Kooperation.“

Das Ziel: Laienreanimation an jeder Schule für jede*n!

Alle Beteiligten wünschen sich, dass durch eine Verstetigung solcher Angebote an Schulen die Ersthelferquote bei einer Reanimation langfristig steigen kann – vielleicht bald auch am Gymnasium Harsewinkel? Die Quote liegt jetzt bei nur 40%, anders als etwa in skandinavischen Ländern bei 70%. Nur in den ersten Minuten begonnen, kann eine Reanimation wirklich Leben retten – zwei bis vier Mal besser ist dann die Chance zu überleben. Das Projekt „Leben retten macht Schule“ flankiert die Umsetzung an den Schulen, mit Veranstaltungen, Informationen und Materialien. Die Initiatoren unterstützen zudem die Petition #ichrettedeinleben des Deutschen Rates für Wiederbelebung zur Umsetzung von Schülerreanimation in ganz Deutschland.


Rico Dumcke